Samstag, 28. April 2007

Das Praktikum

Was meine neue Wirkungsstätte, die Eastlink Gallery, betrifft, so habe ich eine grosse Überraschung erlebt. Ich bin ziemlich unbedarft in die Galerie reingelatscht, um dann festzustellen, dass sie anscheinend recht bekannte Künstler vertritt und erfolgreich verkauft. Den hauptsächlich westlichen Käufern und Sammlern sind viele der Künstler genau bekannt, sie suchen oft nach bestimmten Werken. Am Montag nach meiner Ankunft kamen Leute von Sotheby's aus London dort vorbei, neben Christie's das krasse Auktionshaus! Ich dachte erst, ist es wirklich DAS Sotheby's?



Ein Bild der derzeitigen Ausstellung von Li Wei: Noodle.



Die Galerie selbst ist mit der ersten Show namens "Fuck Off" berühmt-berüchtigt geworden: "Fuck Off", weil sich die Macher weder von westlichen Standards noch der Zensur vorschreiben lassen wollten, wie die Ausstellung/Veranstaltung auszusehen hat. Die Show wurde später auch von der Regierung geschlossen, und das Buch dazu darf nicht mehr verkauft werden. Ein legendärer Anfang, der zeigt, dass hier auf Kontroverse und Neuerungen gesetzt wird, nicht auf blossen Kommerz.

So bin ich durch Zufall in einer Top-Galerie gelandet, ohne Plan und ohne Kenntnisse. Meinem persönlichen Gefühl nach sind die Werke tatsächlich hochwertig, wenn ich mir auch nicht alles zuhaus aufhängen würde. Aber es ist nicht irgendein so ein belangloses Zeug, so Möchtegern-Kunst, sondern wirklich Bilder und Skulpturen mit Ausstrahlung (ich sage nicht "Botschaft", denn das ist, finde ich, der falsche Begriff). Ich habe mich auch in ein paar anderen Galerien umgesehen - es gibt dort viele auf demselben Gelände. Eine andere Galerie, ShanghArt, war auch sehr gut, aber in einer weiteren, deren Stücke meine Kollegin "easy to buy" nannte, war es echt nicht so spannend. Die Ausstellungsstücke kann man sich problemlos zuhaus an die Wand hängen, sind aber eher glatt und langweilig.

In der Eastlink Gallery arbeiten vier Chinesen (der Leiter, ein Kenner für ältere Kunstwerke und zwei Assistenten), der italienische Manager (der mich auch zum Praktikum eingeladen hatte) und eine Britin auf Teilzeit. Also eine sehr internationale Atmosphäre! Es werden auch zeitgenössische ausländische Künstler ausgestellt (die letzte Ausstellung war von einem Iren). Von Zeit zu Zeit kommen die Künstler auch vorbei, aber ich habe noch keine Ahnung, wer wer ist!



Li Wei: Tattoo.

Die Arbeitszeit ist ganz gut, von 10-18 Uhr, normal fünf Tage die Woche. Die Galerie hat jedoch alle sieben Tage auf, also kann es gut sein, dass ich öfters am Wochenende arbeiten muss.
Da der Leiter und der Manager diese Woche nicht da waren und die Britin auf Teilzeit arbeitet, bin ich diese Woche schon voll eingestiegen und arbeite auch dieses Wochenende. Es gab noch nicht ganz so viel für mich zu tun, da ich erst nach und nach Aufgaben bekomme und mich erst mal zurechtfinden und mit Künstlern und Kunstwerken vertraut machen muss. Einerseits will ich alles schnell kennen lernen und mich nützlich machen, Galeriebesucher und Kunden richtig betreuen können - andererseits ist es schade, da ich bisher wegen Wohnungssuche, Jetlag und Galeriearbeit sehr wenig von Shanghai gesehen habe. Aber ich wollte ja auch nicht als blosser Tourist herkommen und Urlaub machen!

Darum bin ich recht glücklich, dass ich hier einen spannenden Arbeitsplatz in einer künstlerischen Atmosphäre gefunden habe. Details zu Stadt und Sehenswürdigkeiten müssen also noch kommen, bisher kann ich nur sagen, dass mir die ersten Eindrücke und die Atmosphäre hier sehr gefallen
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